Für Sorgen sorgt das liebe Leben und Sorgenbrecher sind die Reben. -Johann Wolfgang von Goethe-

Da ich mich schon innerlich von Melbourne verabschiedet hatte, dachte ich nicht daran noch weitere Tage hier zu verbringen. Ich hatte bis zur Busabfahrt 9 Stunden Zeit eine neue Unterkunft oder noch besser gleich einen neuen Farmjob zu finden.

Die Stunden verbrachte ich mit anderen Reisenden in einem großen Wartezimmer im Bahnhof. Es gab nur wenige Steckdosen aber ich hatte Glück und ergatterte eine. Dank meinem Mehrfachstecker konnte ich mein Glück sogar mit anderen Wartenden teilen. Ich stand seit der falschen Tram unter Strom und jetzt zum Glück auch mein Handy und Laptop. Ich suchte im Internet, rings rum von meinem ursprünglichem Ziel Mildura, nach Hostels. Durchforstete sämtliche Facebook Gruppen nach Tips von anderen Backpackern. Telefonierte die handvoll Hostels ab, mit dem ernüchternden Ergebnis, dass diese keine Betten frei hatten. Es waren Ferien und das lange Osterwochenende stand an. Von einen Hostel erhielt ich den Tip, ich sollte es im 15 Kilometer entfernten Merbein versuchen. Hier gibt es ein großes Hostel, in dem ausschließlich Backpacker wohnen die auf den umliegenden Farmen mit der derzeitigen Traubenernte arbeiten. Glücklich über den Tip, rief ich gleich an und erreichte Lary, er war der Hostelchef und gleichzeitig der Arbeitsvermittler zwischen Farmen und Backpackern. Er bedauerte meine Situation und half mir aus dieser. In seinem working Hostel gab es noch freie Betten und Arbeit in den Reben sollte es auch geben. Somit konnte ich beruhigt in den Nachtbus einsteigen und fand sogar ein paar Stunden Schlaf.

Ziemlich gerädert kam ich vormittags im Hostel an. Der erste Anblick vom ehemaligen Hotel und meinem Zimmer war schokierend. Alles total heruntergekommen und die Backpacker nahmen es mit der Ordnung und Sauberkeit gar nicht genau. Aber mit meinen 6 Zimmergenossen hatte ich einen Glücksgriff. Drei Mädels und ein Kerl aus Deutschland und zwei Engländer. Ich wurde schnell in die deutsche Clique aufgenommen. Über Ostern benötigten die Bauern fast keine Arbeiter, deshalb verbrachten wir badend die Zeit am Murray River. Schon nach den ersten Tagen im working Hostel war mir klar, dass ich hier nicht lange bleiben wollte. Nahezu alle Backpacker, ca 60 überwiegend Engländer und deutsch konsumierten täglich und zu jeder Tageszeit exzessiv was sie ernteten in flüssiger alkoholischer Form. Bier ist hier sehr teuer, deshalb ist der Wein unter den Backpackern sehr beliebt, da preisgünstig und mit schneller Wirkung. Australische Zigaretten sind hoch besteuert, das hält viele aber trotzdem nicht vom Rauchen ab. Raucher fangen hier meist mit selber rollen an und hier im Hostel wird nicht nur Tabak eingerollt. Ich muss zugeben, ich hatte abends auch das ein oder andere Gläschen, aber am nächsten Tag schnürte ich auch meine Joggingschuhe. Wie sich wohl die Leberwerte von den Backpackern in den 88 Tagen verändern? Die meisten verbringen hier ihre kompletten Farmtage.

Die Mehrheit arbeitet beim Tafeltraubenpflücken, einige beim Verpacken und wie ich beim Pflücken von Trauben die als Rosinen verkauft werden. Ich lief zwei Tage durch die Reben und pflückte 288 kg Trauben. Als Neuling konnte ich schon eine hohe Anzahl von Boxen mit je 8 Kilo am Feierabend verzeichnen. Das Pflücken der Reben empfand ich nicht als anstrengende Arbeit, da gibt es härtere Farmjobs. Von einem Bauern bekamen wir sogar ein Feierabendbier, da seine Ernte nun abgeschlossen war. Am Arbeitsverständnis gab es auch Unterschiede zwischen den Backpackern. Einige, wie meine Zimmergenossen, arbeiteten schnell und nahmen in ihren Farmtagen gutes Geld mit. Andere wollten oder konnten wegen hang over nicht effektiv arbeiten.

collage-2016-10-05-16_16_47

Meine Bewerbungen über Ostern fruchteten und ich hatte glücklicherweise schon wieder eine Jobzusage! Ein Pub in Swan Hill, ca. 240 km südlicher zwischen Merbein und Melbourne, hat mich als neue Barfrau! Da haben sich nun meine abgelegten Zertifikate in Sydney, für Alkoholausschank, Glücksspielgeräte und Barista, bezahlt gemacht.

Zugegeben, meine gesammelten Erfahrungen mit Fruitpicking sind mit zwei Tagen nicht wirklich groß. Dennoch habe ich einen guten Einblick erhalten und möchte diese Zeit nicht missen. Nach einer Woche working Hostel steige ich in den Zug der mich zum nächsten australischen Arbeitsabenteuer bringt.

Standard

2 Gedanken zu “Für Sorgen sorgt das liebe Leben und Sorgenbrecher sind die Reben. -Johann Wolfgang von Goethe-

Hinterlasse eine Antwort zu katinaus Antwort abbrechen